„Interventionen“ 2012

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INTERVENTIONEN

Ausstellung in der Roten Villa,
Feldkirch (Vbg.)

10. November bis 2. Dezember 2012

 

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Einladungskarte

 

Eröffnungsrede von Rupert Tiefenthaler

gehalten am 9. November 2012.

Oliver Bischof ist Bildhauer. Er schafft Skulpturen. Er arbeitet mit dem Raum. Das Vertrackte dabei ist: für ihn ist der Raum selbst als Skulptur zu verstehen. Die Ausstellung „Interventionen“ thematisiert das Raumverständnis und hinterfragt es. Süffisant stellt sich der Künstler die Frage „wer stört?“. Die Skulptur, die zu gross für den Raum ist? Der Betrachter, der als Körper selbst kaum Platz findet im Ausstellungsraum? Der Raum, der nicht Platz machen will und der damit seiner ureigensten Funktion nicht nachkommt?

Mathematik ist für Oliver Bischof ein wesentlicher Bestandteil für das Raumverständnis. Raum muss sich berechnen lassen. Der Künstler kennt die Raumtheorien, angefangen von Platons Körperlehre. Er setzt sie eindrucksvoll in Szene. Aus zwölf Fünfecken schafft er einen Ballon, der sich in einem rechteckigen Raum zu einer übergrossen Kugel aufbläst, sodass für den Besucher kein Platz mehr ist. [Platons Raumtheorie]

Ein Siebeneck bildet die Grundform für einen Trichter, oder besser: für ein Schallrohr. Inspiriert zu diesem Objekt haben den Künstler mehrere Begebenheiten. Einerseits der Trichter in der Schattenburg, der benutzt wurde, um die Weinbauern des Ardetzenbergs vor drohendem Hagel zu warnen. Andererseits die Appenzeller Bauern, die mit ihrem durch einen Trichter gesungenen Alpsegen sich von ihrem gleichnamigen aber protestantischen Kantonsteil absetzten wollten. Ist ja Zwingli einer der im Appenzell geboren ist und der es verstanden hat, eine Grenze zu ziehen, die wesentlich für das Raum- und das Selbstverständnis der Bevölkerung wurde.

„Empört Euch, der Himmel ist blau“ – so dichtete paradox der Schriftsteller Alfred Andersch. Die Farbe Blau hat es Oliver Bischof in ganz besonderer Weise angetan. Nicht nur, dass mittels blauer Beleuchtung die Fixer an den Bahnhöfen ihre Venen nicht finden. Auch die Majas haben ihre Opfer blau angemalt als besonderes Merkmal und Auszeichnung. Der dritte Raum der „Interventionen“ ermöglicht das Eintauchen in die Farbe Blau. Dass dies alles andere als ein „heimeliges“ Gefühl evoziert, liegt ganz in der Absicht des Künstlers.

Das Eckzimmer der Roten Villa wurde ursprünglich als Frühstücksraum benützt. Angeblich war der Raum offen. Oliver Bischof vereinnahmt dieses Zimmer, indem er es zu seinem privaten Raum macht. Herbstliches Laub von Birkenblättern findet sich in eine Ecke geweht, eine alte, quasi vergessene Tapete steht symbolisch für die Jugenderinnerungen. Für die Besucher gibt es erstmals Sitzgelegenheiten. Mit dem Ausruhen wird es aber nichts. Der Betrachter stört. Im intimen Raum der Erinnerungen ist er nicht ein Fremdkörper.

Das kleinste Zimmer im Norden der Villa ist den skulpturalen Bildern gewidmet. Bilder schaffen einen Raum und sind Fenster. Es sind Bild-Ersatz-Objekte, monochrom auf Rigips aufgetragen. Als solche erfüllen sie zwei Funktionen: es sind die einzigen Objekte der Ausstellung, die verkaufbar sind und die damit den wirtschaftlichen Produktions- und Distributionsbedingungen des Kunstmarkts entsprechen. Ihre eigentliche Funktion ist es, den Raum, den das Bild macht, zu zeigen und damit eine Skulptur in den Augen des Betrachtes entstehen zu lassen. Der Künstler holt damit den Betrachter als Bildner seiner Kunst in sein Werk hinein. Ein hinterfragenswürdiges „Willkommen“ bei der Ausstellung „Interventionen“ sei allen Kunstbeflissenen als Leseanleitung mit auf den Weg gegeben.